China 2019

Der Tag fängt an, wie der letzte aufhörte. Nach dem Frühstück laufen wir los und nach 500 m merke ich, dass ich mein Handy vergessen habe. Also noch mal zurück, genau das, was ich brauche. Ich habe nicht sonderlich gut geschlafen und bin immer noch pflastermüde. Aber, was solls.

Aus Wettergründen haben wir uns heute die Ming-Gräber ca. 40 km nordwestlich von Beijing  vorgenommen. Das Wetter-App sagt, dass es mittags bedeckt ist und die chinesische Mauer möchten wir – wenn möglich – doch an einem späteren Tag bitte bei blauem Himmel genießen.

Als ich morgens aufwache, merke ich als erstes meine Füße. Die Fußsohlen brennen immer noch. Zwar kein Vergleich mit gestern Abend, aber …aua!

Wir stehen etwas später auf, wir wollen es ja heute etwas langsamer angehen lassen. Als wir in die Bar oder die Rezeption – oder wie immer mensch den Raum nennen will - kommen, wo sich „unser“ E-Kamin befindet, steht dort ein älteres Pärchen und lamentiert laut auf Englisch, dass sie mit dem Zimmer nicht zufrieden sind. Die „diensthabende“ Chinesin versteht davon nichts und versucht es mit dem Handy-Translator. Dass der nicht funktioniert, haben wir gestern laut lachend zur Kenntnis genommen. Wir wollten unser Feierabend-Bierchen bezahlen und der Translator antwortete uns: „Ich habe dem schwulen Mann gesagt, er solle seine Stromrechnung ohne die Regierung bezahlen.“ Wir waren uns dann mit der guten Frau einig, dass wir heute Morgen beim Frühstück bezahlen werden. Das Lamentieren des Paares führte dann zu einem aufgeregten Telefonat der Chinesin und einige Zeit danach kam der englischsprachige Mitarbeiter und klärte, was zu klären war.

Nach dem Frühstück sind wir dann zum Lama-Tempel aufgebrochen, von dem uns Greg schon ein Foto mit einer 18 m hohen Buddha-Statue gezeigt hatte.

Am Morgen beim Frühstück trifft MB zwei US-Amerikaner. Greg Tanaka, Hochschullehrer und promovierter Wissenschaftler zu Kultur und Umwelt, kommt aus San Francisco und hat ein Buch über die schädliche Rolle des Kapitals für die Kultur geschrieben. Greg informiert uns dann über den Besitzer der Red Capital Residence Laurence. Wir tauschen uns über unsere gegenseitigen Biografien aus und Greg meint, wir sollten uns mit Laurence mal treffen. Hat diesmal leider nicht geklappt. Aber wir haben nach unserer Rückkehr aus China dem RLS-Büro in Beijing die Kontaktdaten von Laurence geschickt – vielleicht bahnt sich ja da eine Zusammenarbeit an (und hochkarätige Expert*innen zum Ökosozialismus werden noch mal eingeladen 😉)

Die beiden US-Amerikaner zeigen uns den Bunker unter der Red Capital Residence. Durch einen Kellerdurchgang im Hof geht es recht abenteuerlich über sehr sehr tiefe Stufen nach unten in den Untergrund. Dieser z.T. beschwerliche Abstieg endet in einem Gewölbekeller mit Versammlungsraum. Hier soll sich angeblich Mao mit seinen Genoss*innen konspirativ getroffen haben. Verdurstet sind die offensichtlich nicht. Im Regal fanden wir noch einige verstaubte Weinflaschen.

Die Nacht war ruhig und kühl, nur am frühen Morgen, als die ersten Gäste aufbrachen, wurde es unruhig. Kein Wunder bei den einfachen Holztüren/-wänden. Der Plan für heute: In Beijing umherwandeln, Atmosphäre schnuppern und fotografieren.

Und genau das tun wir auch. Schlendern durch „unseren“ Hutong, werden von den zahlreichen E-Rollern, die mensch meist nicht hört, eng passiert, aber niemals angefahren. Großes Ziel ist eigentlich das nördliche Stadtviertel, in dem wir wohnen. Doch wir kommen schnell vom Ziel ab und orientieren uns nun in Richtung „Verbotene Stadt“ (der Zutritt in die Verbotene Stadt war in der Kaiserzeit nur ihm selbst sowie seinem engen Hofstaat erlaubt). Aus dem Hutong heraus geht es auf verkehrsreiche Straßen, bei dem das Queren trotz Ampeln immer noch abenteuerlich ist, weil alle rechts abbiegenden Fahrzeuge meinen, sie hätten bei Rot trotzdem noch Vorfahrt. Aber kein Vergleich zu dem Kamikaze-Verkehr in Kairo, meint MB und wenn ich mich an den Verkehr in Hanoi erinnere, dann geht es hier doch harmlos zu.