China 2019

Wir packen die Koffer, weil wir nach dem Workshop in ein anderes Hotel wechseln wollen, das wir von zuhause aus für uns gebucht hatten. Die Mitarbeiterin der RLS wollte uns das eigentlich ausreden, weil die CPS für die nächste Nacht noch das Hotelzimmer bezahlt hat, aber das Vorzeige--CPS-Hotel ist nicht „unseres“ und wir wollen ins „echte“ China. Wir sind mit einer Staff der CPS verabredet und geben daher gegen 8 Uhr unsere Hotelcards an der Reception ab. Aufgeregtes Chinesisch begleitet diesen Vorgang. Da sie uns aber nicht ansprechen, stellen wir uns etwas abseits und warten auf unser pick-up. Diesmal werden wir nicht mit einem VIP-Bus abgeholt, sondern von einem SUV mit 6 Sitzen, der uns auf den Campus der CPS-Hochschule fährt.

Da wir dort zu früh ankommen, bekommen wir einen Rundgang über den Campus spendiert. Teile der Architektur sind dem Sommerpalast nachempfunden, wie uns stolz erklärt wird. Und der Campus ist wirklich sehr beeindruckend. An einem künstlichen See fotografiere ich schwarze Schwäne. An diesem See liegt die Rekonstruktion eines historischen Schiffes, auf dem sich Mao irgendwann mit irgendwem getroffen hat. Konkreter wird es nicht oder ich verstehe das chinesische Englisch nicht und hoffe darauf, dass MB Bescheid weiß – tut er aber nicht. 😉. Egal: Das Boot ist hübsch und historisch auf einem Foto dokumentiert. Unterwegs fotografieren wir im Park die Büsten von Marx und Engels sowie von Mao im Park. 

Dann wird es Ernst – der Workshop fängt an. Schon an den Türen werden wir von Staffs in die richtige Richtung gewiesen, die Fahrstuhltüren werden für uns aufgehalten und wir werden insgesamt „gepampert“.

Der Workshop beginnt mit einem Statement des KP-Sekretärs, mit dem wir schon gestern auf der Exkursion waren und einer Einführung von Jan für die RLS. Durch die Beiträge der chinesischen Referent*innen zieht sich der Beschluss des KP-Parteitages 2018, auf der Präsident der VR China Xi Jinping verkündete: „Die 5. Säule der chinesischen Entwicklung ist die Öko-Zivilisation.“  Das hat konkrete Auswirkungen auf das Land. Dreckschleudern wie Stahlwerke im Norden wurden geschlossen, in Beijing fahren (neben vielen Autos) nur noch E-Roller/Mofas.

Heute ist der 1. Workshop-Tag, der als Exkursionstag angelegt ist.

Mit einem kleinen Bus geht es an den nördlichen Rand von Beijing. Mit an Bord neben Michael und mir ein weiterer deutscher Referent aus Mec-Pom. Dazu ein Dolmetscher, von der KP der Vertreter für interne Beziehungen, der Chef der KP XUE Weijiang, eine Vertretung der Parteihochschule sowie ein Philosophie-Prof der Hochschule. Also doch schon ganz schön hochkarätig besetzt. Schon im Bus führen sie mit uns politische Grundsatzdiskussionen, wobei der KP-Chef nicht vergisst, die KP auf dem Gebiet der Ökologie über den Klee zu loben.

Vormittags haben wir ein „Unternehmen“ besichtigt, dass sich dem Biolandbau widmet, geleitet von einer sehr engagierten Genossin und NGO-Frau – SHI Yan -  die auch gegenüber dem KP Chef auf ihrer Meinung besteht. Eine wirklich taffe Frau, die wir am nächsten Tag beim Workshop in Beijing wieder treffen.

Das Frühstück am nächsten Morgen findet im „Freundschaftspalast“ des Hotelkomplexes statt. Auf der Karte im Zimmer steht: Frühstück von 7-10 Uhr. Als wir um 8:50 Uhr dort auflaufen, ist fast alles leergefuttert. Den Kaffee gibt es in 10 l-Behältern – a la Jugendherberge – und so schmeckt er auch.
Nach dem Frühstück studieren wir nochmal die Reiseführer*in, Stadtplan und Metroplan. Wir wollen zum Sommerpalast. Zuhause bei „Tante Google“ sah es so aus, als sei er nur 1 km von unserem Hotel entfernt – es sind aber 5 km, die wir nicht laufen wollen. Also ab zur U-Bahn – eine Haltestelle ist in der Nähe. Als wir aus unserem Hotelkomplex kommen, sehen wir eine Reihe von Taxen, die hier auch nicht teuer sind. Doch der Taxi-Fahrer winkt ab, als ich ihm die Adresse Sommerpalast (auf Chinesisch aus der Reiseführer*in) zeige. Also doch U-Bahn.
Das U-Bahn-Fahren erweist sich als leichter als gedacht. Die Ticket-Automaten „sprechen“ Englisch mit uns und während wir noch überlegen, kommt eine junge Chinesin und hilft uns auf Englisch weiter.
Als nächster Stolperstein erweist sich die Kasse am Sommerpalast. Barsch fordert die Dame dahinter unsere Pässe ein, als ich 2x den Tagespass kaufen will (2x 50 Yuan). Brummelnd tippt sie auf mein Foto und sagt „old“. Wie? – das Foto ist alt? Ich will die Brille abnehmen, um zu zeigen, dass ich ich bin. Da schreibt sie auf einen Zettel: 60 = free. Über diese Situation lachen wir noch Stunden später. Wie wir hier erstmalig erleben, ist für Oldies über 60 der Eintritt in die meisten Sehenswürdigkeiten umsonst oder stark reduziert – auch für Tourist*innen aus dem fernen Europa.

Die Peking-Tagung, zu der die wir überraschender Weise von der Rosa Luxemburg-Stiftung (RLS) eingeladen wurden, fing komfortabel an. Als wir am Flughafen Berlin-Tegel eincheckten – viel zu früh, weil wir unsere Visa vorher noch aus Wannsee abholen mussten – bekamen wir den Aufenthalt in der Lounge des Terminal C dazu. Dort konnten wir uns bis zur Bordingtime aufhalten, Getränke und Imbiss inklusive. In der Lounge habe ich dann nach der CO2-Abgabe für diesen Langstreckenflug gegoogelt und tapfer bezahlt. 
Der Flug war wie erwartet eng, ungemütlich, laut, mit wenig Schlaf.